Anweisung der Bundesnetzagentur an Netzbetreiber. Österreichischer Regulator E-Control: Falscher, ungerechtfertigter Schritt.

Deutschland erwägt, den Stromhandel mit Österreich wegen Netzengpässen an der Grenze einzuschränken. Die dortige Bundesnetzagentur hat am Freitag die vier Übertragungsnetzbetreiber angewiesen, entsprechende Maßnahmen vorzubereiten, die ab 3. Juli 2018 greifen sollen. Dies stieß umgehend auf scharfe Kritik von Österreichs E-Wirtschaft und dem heimischen Energieregulator E-Control.

WAS DEUTSCHLAND ERREICHEN MÖCHTE

Die Vorbereitung einer Engpassbewirtschaftung an der deutsch-österreichischen Grenze solle den Strommarkt langfristig funktionsfähig halten und die Versorgungssicherheit in Deutschland und der Region gewährleisten, erklärte Bundesnetzagentur-Präsident Jochen Homann zur Begründung.

WARUM ÖSTERREICH DIES KRITISIERT

Für die österreichische E-Control sind die geplanten einseitigen Engpass-Maßnahmen an der Grenze „ein falscher Schritt, der weder erforderlich noch gerechtfertigt ist“, es gebe „eindeutig gelindere Mittel“, so die Vorstandsdirektoren Wolfgang Urbantschitsch und Andreas Eigenbauer. Der gemeinsame Strommarkt der beiden Länder sei „Musterbeispiel einer gelungenen Energiemarkt-Integration“.

Für die heimische E-Wirtschaft brandmarkte Oesterreichs-Energie-Präsident Wolfgang Anzengruber die Beauftragung der deutschen Übertragungsnetzbetreiber mit einer Engpassmanagement-Vorbereitung durch die deutsche Bundesnetzagentur als „falsche und voreilige Aktion wider den Geist des europäischen Strombinnenmarkts“. Deutschland, das die Probleme im europäischen Übertragungsnetz ursächlich ausgelöst habe, versuche so, den selbst verursachten Schaden auf kleinere Länder abzuwälzen, so der Verbund-Chef.

Das Engpassmanagement solle vorbereitet werden, weil der Stromhandel nach Österreich weiter zunehme und zusehends zu Netzengpässen zwischen Deutschland und Österreich führe, so Homann: „Wir rechnen aber damit, dass Stromhandel zwischen beiden Ländern in erheblichem Umfang weiterhin möglich sein wird. Es werden lediglich Handelsspitzen gedeckelt.“ Laut Reuters geht es um etwa zehn Prozent des Handelsvolumens, das wegen fehlender Netze eigentlich nicht abgewickelt werden könnte.

WAS POLEN UND TSCHECHIEN DAMIT ZU TUN HABEN

Seitens der deutschen Bundesnetzagentur hieß es, die Einführung eines Engpassmanagements an der bilateralen Grenze bis Sommer 2018 sei nötig, „weil die Kapazitäten der Übertragungsnetze in Deutschland, Österreich sowie Polen und Tschechien technisch nicht in der Lage sind und auch bei erfolgreichem Netzausbau langfristig nicht in der Lage sein werden, den gehandelten Strom vollständig zu transportieren“.

Die deutsche Regierung will Reuters zufolge mit der angedrohten Begrenzung nun Druck aufbauen, um mit Wien doch noch zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Sie reagiert damit auch auf Beschwerden aus Polen und Tschechien, da Strom häufig über diesen Umweg wegen der Netzengpässe nach Österreich fließt. Die EU-Energieagentur ACER will Mitte November eine Strompreiszonen-Entscheidung treffen, die – einige Jahre später – eine Trennung des bisherigen gemeinsam Strommarktes bringen könnte.

Anzengruber: „Jetzt stehen wir vor einer einseitigen Entscheidung Deutschlands, die politisch, aber nicht sachlich motiviert ist. Österreich hat Kompromissvorschläge unterbreitet, die Oesterreichs Energie unterstützt. Wir hoffen, dass die Gespräche der Regulatoren weitergeführt werden und dass noch eine bessere Lösung für die österreichischen Stromkunden gefunden werden kann.“

Die E-Control bezeichnet den langfristigen Netzausbau als einzige Lösung, um die Situation nachhaltig zu entspannen: „Das tatsächliche Problem ist ein innerdeutscher Netzengpass, das lässt sich durch eine künstliche Verschiebung an die deutsch-österreichische Grenze nicht lösen.“ (Quelle- Kurier.at)