CO2-Kosten treiben Großhandelspreise – Stromversorger müssen die steigenden Preise im Emissionshandel auf den Markt abwälzen. Das führt zu neuen Höchstständen an der Energiebörse.

Düsseldorf. Die Strompreise im Großhandel steigen seit Monaten kontinuierlich. In den vergangenen Tagen kletterte der Preis für eine Megawattstunde Grundlaststrom, die im kommenden Jahr geliefert werden soll, am Terminmarkt der Leipziger Energiebörse EEX über die Marke von 50 Euro. Strom ist damit so teuer wie seit sechs Jahren nicht mehr. Alleine seit Februar hat sich der Kontrakt um 17 Euro je Megawattstunde verteuert.

„Seit 2016 steigen die Strompreise stetig an – und ich bin überzeugt, dass wir uns auch langfristig auf höhere Strompreise einstellen müssen“, sagt Angela Pietroni, Senior Managerin beim Analysehaus Energy Brainpool in Berlin.

Die Zeiten günstigen Stroms sind damit im Großhandel vorbei. Zumindest mit Zeitverzug wird die Entwicklung auch bei Unternehmen und Verbrauchern aufschlagen.

Dabei waren die Strompreise Anfang 2016 noch auf Tiefststände von rund 20 Euro je Megawattstunde gefallen. Damals gab es ein gewaltiges Überangebot an Strom aus Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken, weil der Markt mit grünem Strom aus Wind- und Solaranlagen übersättigt war.

Inzwischen haben die Stromproduzenten viele unrentable Kraftwerke aus dem Markt genommen. Vor allem aber steigen die Betriebskosten, die wiederum die Strompreise treiben. Mit dem Ölpreis sind auch die Notierungen für Gas und Steinkohle sprunghaft gestiegen.

Jahrelang dümpelten die Zertifikate auf einem Niveau von fünf bis sieben Euro herum. Jetzt hat die EU-Kommission offenbar einen Hebel gefunden, den Ausstoß des Treibhausgases wirksam zu verteuern. Ab 2021, zu Beginn der neuen Handelsperiode, sollen die Zertifikate stetig und spürbar verknappt werden – um 2,2 Prozent pro Jahr. Weil die Emittenten Zertifikate aus der laufenden Periode teilweise übertragen dürfen, wirkt sich das schon jetzt aus. „Der Wettlauf, sich möglichst günstig abzusichern, hat schon begonnen“, erläutert Pietroni.

Hinzu kamen zuletzt noch Sondereffekte beim Strompreis. Während der Hitzeperiode mussten Atom- und Kohleanlagen die Leistung drosseln. In den Flüssen, aus denen sie Kühlwasser beziehen, waren die Grenzwerte überschritten worden. Aktuell verzögern sich Revisionsarbeiten in französischen Kernkraftwerken, die deshalb später als erwartet ans Netz gehen werden. „Das aktuelle Preisniveau hat schon fundamentalen Gründe“, sagt Pietroni.

Wann die Verbraucher die steigenden Strompreise spüren, hängt von der Einkaufspolitik ihres Versorgers ab. Viele Stromanbieter hatten sich am Terminmarkt die günstigen Notierungen längerfristig gesichert. Auch viele große Stromverbraucher aus der Industrie haben sich abgesichert. Viele Mittelständler waren dagegen nicht so vorsichtig – und zumindest mit Zeitverzug werden alle Verbraucher und Unternehmen die steigenden Strompreise spüren. (Quelle: Jürgen Flauger; handelsblatt.com)