Bei den Strompreisen geht es nach langer Talfahrt nach oben. Wie haben sich die Preise in den letzten Monaten entwickelt und was sind die Gründe für diese Entwicklung…

Am 1. Oktober kam es zur Trennung der deutsch-österreichischen Strompreiszone. Der Export nach Österreich unterliegt damit den gleichen Rahmenbedingungen, wie jener in alle anderen Nachbarländer Deutschlands. Seit der Trennung hat sich das Marktumfeld wesentlich geändert und viele der Produzenten wie auch der Händler müssen selbst erst Erfahrung sammeln. Es gibt neue Regeln und Produkte, die gehandelt werden können und müssen und es gibt nun Markt beherrschende Unternehmen im österreichischen Markt.

Primärenergiepreise deutlich gestiegen…

Die Aufspaltung der Strompreiszone ist zeitgleich mit in ganz Europa steigenden Strompreisen erfolgt. Seit etwa zwei Jahren sind steigende Primärenergiepreise zu beobachten. Dies ist für Österreich aber auch für die ganze EU ein Nachteil im internationalen, transkontinentalen Wettbewerb. Ein Großteil der Exporte wird aber natürlich innerhalb der EU abgewickelt und hier gilt es, wettbewerbsfähige Preise anbieten zu können.Diese Preisentwicklung hat auch bereits zu Preissteigerungen für Haushalte und Gewerbeunternehmen geführt. Viele Stromlieferanten haben ihre Strompreise bereits erhöht, andere wiederum ihre Kunden bereits darüber informiert, dass es zu Preiserhöhungen kommen wird. Wichtig ist dabei aber zu betonen, dass die meisten Preiserhöhungen nichts mit der Strompreiszonentrennung zu tun haben.

Die erste Versteigerung der Übertragungskapazitäten von Deutschland nach Österreich hat auch gezeigt, dass man eher von sehr geringen Preisunterschieden ausgegangen ist. Die Erwartungen haben sich mittlerweile verändert, aktuell geht der Markt zwar von etwa 4 €/MWh Preisunterschied im Jahr 2019 aus, dies kann sich aber auch leicht wieder ändern, da ohne Erfahrungswerte die Preiserwartungen grundsätzlich sehr volatil sind. Offenbar wird hier eingerechnet, dass die aktuell sehr hohen Unterschiede auf den kurzfristigen Märkten eher eine Sondersituation durch die außergewöhnlich niedrige Wasserführung in Österreich darstellen, wodurch hoher Importbedarf gegeben ist. Am Markt geklärt wird die Situation im Dezember, dann können Übertragungsrechte für das Jahr 2019 erworben werden und damit sind dann die Preisunterschiede auf Jahresbasis einmal eingeloggt.

Jüngste Strompreisentwicklungen und ihre Treiber…

Ein Blick auf die langfristige Entwicklung der Stromgroßhandelspreise zeigt, dass die Konsumenten viele Jahre von fallenden Strompreisen profitieren konnten. Seit Mitte 2011 folgten die Großhandelspreise (Baseload Year-Ahead) bis Ende 2015 einem Abwärtstrend; die Preise fielen von gut 60 EUR/MWh auf gut 20 EUR/MWh. Mit Jänner 2016 stoppte der Verfall der Strompreise, sie zogen bis zuletzt wieder auf gut 50 EUR/MWh an. Diese Trendwende war von fundamentalen Bewegungen in den Großhandelsmärkten anderer Energieträger (Kohle, Gas) und der CO2-Zertfikate angestoßen worden und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem die Preiszonentrennung zwischen Österreich und Deutschland-Luxemburg noch nicht feststand.

Im Bereich der kurzfristigen Preisentwicklungen waren gerade die letzten Wochen seit der Preiszonentrennung spannend. Wie Abbildung 1 zeigt, sind bereits für Tagesbandlieferungen signifikante Abweichungen zwischen dem Preis für die österreichische Preiszone und jener für Deutschland-Luxemburg zu erkennen. Im Durchschnitt betrug z.B. die Differenz über die ersten 20 Tage im Oktober 2018 etwa 8,2 EUR/MWh. Für einzelne Stunden waren Abweichungen von bis zu 74 EUR/MWh zu erkennen. Allerdings sind auch etliche Stunden mit keinerlei Preisunterschied zu verzeichnen. Im Laufe des Monats November haben sich die Preisunterschiede wieder etwas reduziert.

Die kurzfristigen Preisentwicklungen sind ein deutliches Zeichen dafür, was es heißt, in einer von Deutschland getrennten Preiszone zu beschaffen. Allerdings darf man die derzeitigen Daten auch nicht überbewerten: zum einen blicken wir derzeit auf Handelsdaten für etwas über zwei Monate und zum anderen kommen derzeit weitere Faktoren wie etwa niedrige Wasserstände, die Einfluss auf das Dargebot der Laufkraftwerke haben, zu tragen.

Abb.: Entwicklung der Day-Ahead Spotmärkte für die Preiszone AT-DE-LU (bis 1.10.2018) und die Preiszonen AT und DE-LU (ab 1.10.2018); der tägliche Preisunterschied zwischen Preiszone AT und DE-LU ist in Säulenform dargestell

Durch die Trennung der Preiszone gibt es eine neue Situation…

Die Strompreiszonentrennung hat mehrere Effekte auf den österreichischen Markt:

> Günstige Energie aus Deutschland kann nicht mehr beliebig importiert werden.

> Der österreichische Markt ist weniger liquide, d.h. der Unterschied zwischen Kauf- und Verkaufsangeboten (Spread) wird größer, sodass ein Käufer einen höheren Preis zahlen muss als in einem liquideren Markt bei gleichen Preisverhältnissen, also gleichem Mittelwert zwischen Kaufs- und Verkaufsangeboten.

> Preisunterschiede zwischen Österreich und Deutschland-Luxemburg könnten mittels sogenannter Übertragungsrechte abgesichert werden. Durch deren Nutzung erhöhen sich aber die Energieeinstandskosten für Händler und Versorger, die die Übertragungsrechte ersteigern müssen.

Neue Produkte sollen Absicherung bringen…

Zur Absicherung der Spreads zwischen den beiden neu entstandenen Marktgebiet, wurden also neue Transportkapazitätsprodukte eingeführt. Nach langen Verhandlungen konnten wie schließlich für den österreichischen Markt 4,9 GW langfristiger Übertragungskapazität von Deutschland nach Österreich sichern, das entspricht etwa 45% der österreichischen Spitzenlast.

Die Auktionen für die Transportkapazitäten haben den Effekt, dass sie einen Preis bis zur erwarteten Preisdifferenz zwischen Deutschland und Österreich ergeben können, einen Teil der Preisvorteile des Einkaufs in Deutschland zu „sozialisieren“, also Netzerträgen zukommen zu lassen und so die Netzkosten zu senken. Hohe Preise werden vor allem dann erzielt werden, wenn mit einer vollständigen Auslastung der Übertragungskapazitäten zu rechnen ist. Ein Blick auf die Auktionsergebnisse für die Monate Oktober, November und Dezember 2018 mit Preisen von 0,88 EUR/MWh 5,75 EUR/MWh und 3,82 €/MWh zeigt auch, dass die Marktteilnehmer zunächst mit deutlich geringeren Preisunterschieden zwischen Österreich und Deutschland-Luxemburg gerechnet haben und ihre Gebote nachjustieren mussten. Ein Grund dafür mag sein, dass sich nicht alle Marktteilnehmer der vollen Tragweite des Mechanismus zur kurzfristigen Grenzkapazitätsbewirtschaftung zwischen Österreich und Deutschland-Luxemburg bewusst waren, dem sogenannten Flow-Based Market Coupling. Mittlerweile scheint sich aber eine Differenz von etwa 4 €/MWh zu verfestigen; dies gilt auch für die Lieferungen für das Jahr 2019.

Beim Flow-Based Market Coupling (FBMC) hängt die Kapazität, die für den grenzüberschreitenden physischen Stromtransport am nächsten Tag zur Verfügung steht, dynamisch vom Gebotsverhalten der Marktteilnehmer aus den teilnehmenden Staaten ab. Neben Österreich, Deutschland und Luxemburg sind das Belgien, Frankreich und die Niederlande. Entsprechende Gebote können dazu führen, dass Österreich stundenweise weniger als die 4,9 GW an der deutsch-österreichischen Grenze zur Verfügung stehen, oder aber umgekehrt mehr als 4,9 GW Importkapazität bewirken – beides ist seit dem 1. Oktober aufgetreten.

Neue Marktstrukturen in Österreich…

Grundsätzlich stellt die Preiszonentrennung einen fundamentalen Strukturbruch im Gefüge des österreichischen Stromgroßhandels dar. Da bereits antizipiert wurde, dass derart weitreichende Änderungen im Marktdesign mit einem hohen Grad an Unsicherheit einhergehen und somit auch einen gewissen Nährboden für etwaige Marktmanipulation bieten, wurden durch uns bereits vorab alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, um verstärktes Marktmonitoring betreiben zu können.

Österreich als eigenständiger relevanter Markt…

Die Auftrennung der gemeinsamen Gebotszone in die zwei Gebotszonen Österreich bzw. Deutschland/Luxemburg stellt im Kontext wettbewerbsrechtlicher Erwägungen eine neu zu beurteilende Situation dar. Obwohl der nunmehr gebotszonenübergreifende Stromhandel zwischen Österreich und Deutschland auf Basis der Market Coupling Prozesse weiterhin in großem Ausmaß möglich bleibt, kann festgehalten werden, dass die Gebotszonentrennung dem Wesen nach einer grenzüberschreitenden Handelsbeschränkung gleichkommt, die angebots- wie nachfrageseitig die vollständige Substituierbarkeit von deutschen und österreichischen Geboten einschränkt. Im Sinne der Marktabgrenzung ist daher davon auszugehen, dass die österreichische Gebotszone von nun an einen eigenständigen relevanten Markt darstellt. Dieser Argumentation folgend muss eine Neubewertung der potentiell marktbeherrschenden Stellung einzelner Marktteilnehmer vorgenommen werden. Getrieben durch die ausgeprägte Technologie- und Investitionsintensität von Versorgungsunternehmen steht hierbei vor allem die Angebotsseite im Fokus der Untersuchungen. (Quelle: e-control Austria)