Wer den Stromanbieter wechselt, steht auch vor der Frage: Ökostrom oder doch klassischer Tarif…Oft ist Ökostrom ein wenig teurer. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima haben die Ökostromanbieter einen regelrechten Boom erlebt. Nahezu alle Versorger nahmen damals grüne Tarife ins Angebot.Doch das Interesse hat inzwischen deutlich nachgelassen…

Es gab eine Zeit, da lag Ökostrom so im Trend wie der Latte Macchiato zum Mitnehmen. 2012 wechselten über das Vergleichsportal Verivox 76 Prozent aller Kunden in einen Ökostromtarif. Heute sind es nur noch 36 Prozent.

Ökostromumlage wird jedem Kunden berechnet…

Verivox-Pressesprecher Lundquist Neubauer sagt, vielen Kunden sei aufgegangen, dass sie auch ohne Ökostrom die Energiewende mitbezahlen. Denn die sogenannte Ökostromumlage wird jedem berechnet – egal, ob er nun Atom- oder Sonnenstrom bezieht.

Die Ökostromumlage ist seit 2012 um 90 Prozent gestiegen, so Neubauer. Das heißt: Zum Beispiel eine dreiköpfige Familie musste im Jahr 2012 nur 144 Euro aufbringen. Heute seien es bereits 272 Euro im Jahr, die allein für die Ökostromumlage fällig werden würden. Da könne es natürlich sein, dass der ein oder andere Verbraucher denke, er tue bereits genug für die Energiewende.

Ökostrom-Boom ist vorbei…

Vor allem auf dem Land ist das Interesse an Ökostrom gering. In Großstädten verkaufen sich die grünen Tarife besser. Fragt man regionale Versorger, bestätigen diese, dass es die größten Zuwächse rund um Fukushima gab.

Trotzdem gebe es noch Interessenten für Ökostrom, sagt Franziska Maul von den Stadtwerken Erfurt: „Von 2010 bis 2013 haben wir schon starke Zuwächse gehabt, eine sehr dynamische Entwicklung. Seit 2014 haben wir einen stabilen, kontinuierlichen Zuwachs.“ Die Kurve sei etwas abgeflacht, aber die Nachfrage sei nach wie vor da.

Auch von den Versorgern aus Chemnitz, Halle und Leipzig heißt es, die Zahl der Ökostromkunden wachse noch – allerdings langsamer. Die Jahre des Booms sind vorbei, bestätigt die Energieökonomin Claudia Kemfert. Im Moment sei die Energiewende nicht wirklich in den Medien, sie werde auch politisch nicht diskutiert. Das lasse die Menschen eher darauf schließen, dass die Energiewende schon passiert sei, dass sie nichts tun müssten. Das sei ein Irrglaube. Man müsse, wenn man Ökostrom beziehen will, diesen auch kaufen. Aber dafür fehle im Moment die Öffentlichkeit.

Kunden sollen auf Stromtarife mit Ökosiegel achten…

Vielleicht fehlt es auch an Transparenz. Es gibt mehr als 250 Ökostromtarife. Doch nicht bei allen fließen die Einnahmen in neue Ökostromanlagen, sagt Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien.

„Zum Teil wird an der Börse gekaufter Atom- oder Kohlestrom durch teils billig erhältliche Grünstrom-Herkunftszertifikate – zum Beispiel aus norwegischem Wasserstrom – einfach umetikettiert. Das haben wir schon immer als Schmu bezeichnet. Das ist aber leider nicht verboten.“

Simone Peter Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien.

Für echte Ökostromtarife gibt es verschiedene Siegel – zum Beispiel das „Grüner Strom Label“ oder das Siegel „OK Power“. Letzteres haben auch die Stadtwerke Halle für einen Ökostromtarif erhalten, der deutlich wächst, gegen den Trend. Es ist ein Tarif speziell für Studenten.(Quelle: von Ralf Geißler, MDR AKTUELL)