Risiken für Stromhändler, -produzenten und Netzbetreiber

Die Corona Krise hat in voller Wucht aufgezeigt, wie stark die globale, nationale und regionale Wirtschaft von Bewegungsfreiheit und Mobilität abhängig ist. Die Wirkung der eingeschränkten Bewegungsfreiheit hat auch die Energiewirtschaft getroffen und zu steigenden Risiken geführt:

  • Handel/Vertrieb: Der Produktionsstopp in der Industrie und die Schließung vieler Dienstleistungsunternehmen sowie der gleichzeitige Nachfrageschock durch verringerten Konsum von Dienstleistungen, dauerhaften Konsumgütern etc.  wirkt auf die Energienachfrage und -preise und erhöht über diese Wirkungskette die Marktrisiken. Verschlechterungen der finanziellen Situation der Endverbraucher bergen das Risiko von Zahlungsausfällen. Politische Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher, die es Verbrauchern erlaubt,  Zahlungen hinauszuzögern, können diese verstärken. Die Folge ist eine deutliche Erhöhung des Liquiditätsrisikos, das vor allem für kleinere und mittlere Firmen zu großen Finanzierungsproblemen führen kann. Je nach Dauer der Krise könnte ein Maß erreicht werden, das zu Insolvenzrisiken führen kann.
  • Stromerzeugung: Betriebliche Risiken in Form Personal- und Lieferengpässe sind eine Herausforderung für den sicheren Betrieb und Instandhaltungsmaßnahmen bei elektrischen Anlagen einschließlich Kraftwerken. Auf der Absatzseite sehen sich Stromerzeuger zudem ähnlichen Risiken ausgesetzt wie Händler, wobei die genau Risikoverteilung von der Vertragsgestaltung zwischen Erzeugern und Händlern abhängt. Der Einbruch der Wirtschaft sowie die Unsicherheit bzgl. der weiteren Entwicklung wirkt sich negativ auf das Investitionsrisiko aus. Entscheidend wird mittelfristig die fiskalpolitische Reaktion der Politik sein und die Frage, ob sie die Erneuerbaren Förderung in der Krise reduzieren oder intensivieren wird. Je nachdem, ob es sich um etablierte oder neue Anlagen handelt und ob es um erneuerbare oder konventionelle Stromerzeugung geht, kann sich die Risikowirkung sich unterscheiden. Zukünftige Investoren in erneuerbare Energien könnten ggf. von klimapolitisch durchwirkten Konjunkturprogrammen profitieren, während etablierte Anbieter ggf. das Nachsehen haben, falls Förderprogramme nach der Krise stärker forciert würden als dies ohne Krise der Fall gewesen wäre.
  • Netze: Personal- und Lieferengpässe stellen auch hier eine Herausforderung für den sicheren Betrieb und geplante Instandhaltungsmaßnahmen dar. Erlösausfälle durch den Rückgang der Energienachfrage und Zahlungsausfälle werden zwar zeitlich verzögert durch die Regulierung ausgeglichen, beeinflussen allerdings unmittelbar die Liquidität. Krisenbedingt höhere Ausgaben (z.B. Teleworking, steigende Kapitalkosten aufgrund höherer Risikoprämien), die in den aktuellen Netztarifen nicht erfasst sind, wirken auf das Investitionsrisiko.

Die Energiewirtschaft hat in Verantwortung ihrer Systemrelevanz in der Phase des Lockdowns die Corona-bedingten höheren operativen Risiken bisher mustergültig gemeistert.

In der Phase des Hochfahrens der Wirtschaft möchte die Energiewirtschaft wieder Verantwortung übernehmen. Dazu bedarf es politischer Weichenstellungen, die die Liquidität und Investitionssicherheit sicherstellen. Der Schutz der finanziellen Situation von Verbrauchern darf nicht unbegrenzt auf die Energiewirtschaft abwälzt werden, da dadurch das wirtschaftliche Überleben selbst gefährdet und den Unternehmen Geld für Investitionen entzogen wird. Der hohe Wertschöpfungseffekt von Investitionen in Erzeugung und Netze für die Erreichung der 100% Erneuerbare Ziele bis 2030 wird ein wichtiger Beitrag für den Weg aus der Krise sein.

(Quelle: https://oesterreichsenergie.at)